Hallimasch & Mollymauk

Natur und so

Allein unter Schafen

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Foto: K. Küntzel

Foto: K. Küntzel

Ab und zu ist eine Auszeit schön. Meine verbringe ich in Niederbayern in einem alten Bauernhof. Weit und breit ist nichts. Die hügelige Landschaft, zwei Höfe gerade noch in Sichtweite auf dem nächsten Hügel, fünf wilde Schafe und ich. Allein. Na gut, nicht ganz. Morgens kommt die graue Katze, erschnurrt sich ihr Futter, verschläft den Tag in meiner Nähe, streicht mir um die Beine für die Abendmahlzeit und ist dann weg. Mäuse fangen. Und ich? Allein.

Und sonst?

Stille

Foto: K. Küntzel

Foto: K. Küntzel

Ruhe ist schön. Zuviel Ruhe ist gewöhnungsbedürftig. Nachts höre ich meinen eigenen Atem unnatürlich laut. Tagsüber ein Auto. Die Post, gelb und schon wieder vorbei, den Hügel auf dem Schotterweg bergab. Stille – schon wieder. Die lautesten Geräusche sind das Klappern meiner Tastatur, wenn ich schreibe, und die Wohllaute der träumenden Katze. Das Umblättern des Buches, abends die Stimmen der Nachrichtensprecher. Und sonst? Nichts!

Schwärze

Die Nacht ist schwarz wie selten eine Nacht und nur die Sterne geben Licht, wenn ich mich mitten in das Dunkel stelle. Der nächste Ort ist weit, hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen oder zumindest dort in der Nähe. Lichtverschmutzung kennt man hier nicht und die Bauern gerade noch in Sichtweite gehen früh schlafen. Dann ist es auch im Westen zappenduster. Und sonst?

Foto: K. Küntzel

Foto: K. Küntzel

Wo das Land noch so ländlich ist, haben die Tiere keine Namen. Die Katze heißt Katze, die Schafe heißen Schafe. Wenn’s hochkommt noch Bock oder Aue. Das muss genügen. Ich gehe sie füttern. In Gummistiefeln auf die Schafweide, die Plastikschüssel mit dem Schrot-Pellet-Wasser-Pamp im Arm. Mit Kopftuch und Schürze wäre meine Tarnung perfekt.

So nehmen die Schafe Reißaus und kommen nur zögerlich zur Futterrinne im Unterstand, wenn ich aus dem Weg bin. Sind eben wild. Und sehen auch so aus. Das Zottelfell wie einen Flokati lässig übergeworfen. Irgendwann fällt es von alleine ab und bleibt dann wie ein Stück Gebetsteppich auf der Weide liegen. Zum Niederknien! Und sonst?

Schnee

Foto: K. Küntzel

Foto: K. Küntzel

Der Frost hat den Kupferkessel, der als Regentonne dient, gedeckelt. Der Weiher ist grünglatt gefroren und die Maulwurfshügel sind starr. Ab mittags kommt der Schnee und erstickt die letzten Laute. Die Schafe und ich stehen auf unseren Seiten des Zauns, flocken ein und glotzen uns an. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. Sie blöken nicht, ich schweige. Was gäbe es auch schon zu sagen. Die Welt wird weiß und wird es ein paar Tage bleiben. Nur die Spuren der Katze im Schnee und meine viel gröberen Abdrücke, auf dem Weg zur Scheune mit dem Feuerholz. Der alte Kochherd in der Küche heißt tatsächlich Witwe Bolte!

Autorin: Karolin Küntzel

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Autor: Karolin Küntzel

Jahrgang 1963, ist freiberufliche Autorin, Dozentin und Kommunikationstrainerin. Sie studierte Germanistik, Geschichte und Weiterbildungsmanagement in Berlin und war lange Zeit in der freien Wirtschaft tätig. Seit 2006 ist sie selbstständig, unterrichtet und schreibt Sachbücher für Kinder und Erwachsene. Ihre Wissbegier hat sie quasi zum Beruf gemacht. Sie lebte mehrere Jahre alleine in einem Haus im Wald, mehrere Wochen mit einer kleinen Crew auf einem Schiff auf dem Atlantik und bezeichnet sich selbst als überzeugte Rausgängerin. Sie sieht gerne unter Steinen nach. Mehr Infos unter: www.karibuch.de

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