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Wie von einem anderen Stern: die Gottesanbeterin

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Foto: U. Vergaro

Foto: U. Vergaro

Letzte Woche auf dem Smartphone: meine Tante schickt mir ein Foto von ihrer Terrasse in Italien. Darauf ein seltsames Tier mit riesigen Augen und langen Beinen. „Ist das eine Gottesanbeterin?“, fragt sie. Ich nicke virtuell und stoße sofort an meine Grenzen: Gottesanbeterin, ja. Aber welche? Zum Glück kriege ich das Foto, während ich gerade mit 80 anderen Naturwissenschaftlern auf einer Tagung bin. In der Mittagspause ist der einzige Insektenkundler am Tisch so freundlich, mal eben auf mein Telefon zu gucken und den Fund zu bestimmen. Danke, Herr Kollege! Das Tier, das in Italien einfach so auf die Terrasse spazierte, ist eine Europäische Gottesanbeterin.

Gottesanbeterinnen sind Insekten und heißen auch Fangschrecken, weil sie eine spektakuläre Jagdmethode haben. Der für Insekten typische Brustbereich ist verlängert und bildet einen lang ausgezogenen Schild. Zusammen mit den riesigen vorderen Fangbeinen hat die Gottesanbeterin also vorne rum eine ziemlich große Reichweite, wenn sie in der Wiese sitzt.

Foto: pixabay.com

Foto: pixabay.com

Die vorderen Glieder des ersten Beinpaares sind mit fiesen Dornen besetzt – ein Schrecken für jedes Beutetier. Die Gottesanbeterin klappt die Fangbeine so zusammen, dass ein „betender“ Eindruck entsteht und hat daher ihren Namen. In Wirklichkeit wartet sie aber darauf, dass andere Insekten sich zu nahe heran wagen. Innerhalb einer zehntel Sekunde schlägt die Gottesanbeterin dann mit ihren Fangbeinen zu und ist damit schneller als eine Fliege. Manchmal erwischt sie sogar eine im Flug!

Wie sie das macht? Guckt euch mal ihre riesigen Augen an. Insekten mit so großen Augen jagen „auf Sicht“, also anhand optischer Reize. Beutetiere werden durch ihre Bewegung geortet, verfolgt und erbeutet. Die Gottesanbeterin kann durch die weit auseinanderliegenden Augen sogar räumlich sehen. Also ehrlich, ich finde, dieses Tier sieht aus, wie von einem anderen Stern!

Foto: U. Vergaro

Foto: U. Vergaro

Die Europäische Art ist tagaktiv und kann stundenlang still im Gras sitzen. Obwohl die Weibchen um die 7 cm lang werden können, übersieht man sie dann leicht. Weibliche Gottesanbeterinnen sind dafür bekannt, dass sie ihre Männchen während oder nach der Paarung auffressen. Gruselig! Wie es in Italien ist, weiß ich nicht, aber in Deutschland steht die Gottesanbeterin auf der Roten Liste und ist streng geschützt.

„Hurra“ also zu dem Superfund und den Fotos. Und „Hurra“ auch dazu, dass im richtigen Moment ein Experte zur Hand war! Welches seltene Tier habt ihr in letzter Zeit gesehen?

 

 

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Autor: Johanna Prinz

ist promovierte Diplom-Biologin. Sie war früher Affenforscherin im Zoo, leitete den Bildungsbereich in einem großen Naturkundemuseum und danach ein Nationalpark-Haus am Wattenmeer. Heute arbeitet sie, von ihrer Wahlheimat Lübeck aus, im Bereich „Naturvermittlung“ – vor allem als Museumsberaterin oder Autorin für Kindersachbücher. Manchmal hebt sie Regenwürmer von der Straße auf. Mehr Infos unter: www.naturvermittlung.de

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