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Natur und so

Walrosse sind Rechtshänder

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Die Kollegin hat sich die Hand gebrochen. Wir sitzen in der Kaffeerunde, reichen ihr Kekse an und diskutieren dabei, wieviel Glück sie gehabt hat, weil jetzt die linke Hand angeschlagen ist und nicht die rechte. Als Rechtshänderin hätte sie jetzt sonst arge Probleme – zumindest noch mehr als sie jetzt schon hat. Wenigstens kann sie einen Pinsel halten (als Illustratorin nicht unwichtig) und kann die meisten Alltagsbewegungen wie bisher ausführen. Nicht nur wir Menschen, auch viele Tiere haben eine bevorzugte Körperseite, mit der sie sich gezielter und kräftiger bewegen können. Tintenfische haben einen “Lieblingsarm” und auch das Walross hat eine Lieblingsflosse, wie sich jetzt herausstellt.

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Walrosse sind zwar riesengroß, aber ihre Nahrung ist vergleichsweise klein. Zwar fangen die tonnenschweren Kolosse auch mal einen kleinen Fisch, doch ihre Hauptnahrung besteht aus Kleintieren wie Würmern, Schnecken oder Seegurken. Um an ein Beutetier heranzukommen, muss ein Walross ins Wasser steigen und mit kräftigen Flossenschlägen (der Antrieb kommt von den Hinterflossen) zum Meeresboden hinabtauchen. Der Weg ist manchmal ganz schön weit: Walrosse können mehr als 100 Meter tief tauchen, wenn sie wollen. Haben sie den Boden erreicht, muss die Beute mit allen Mitteln hochgewirbelt werden. Und hier zeigte sich bei einer Studie der Universität Kopenhagen, dass Walrosse ihre Nahrung nicht irgendwie vom Boden hochholen.

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In mehr als zwei Dritteln der Fälle (66%) benutzt ein Walross seine rechte  Vorderflosse, um am Meeresgrund zu wühlen. Alles Fressbare, das dabei hochschwebt, wird eingesammelt. Jetzt könnte man daraus natürlich vorschnell schließen, dass es bei Walrössern eine “Ein Drittel – Zwei Drittel”-Aufteilung gibt. Doch nein: in den Fällen, in denen ein nahrungssuchendes Walross nicht die rechte Vorderflosse zum Wühlen verwendet, benutzt es fast nie die linke Flosse.

Im Gegenteil: die Tiere benutzen deutlich häufiger, nämlich in 29% der Fälle, ihre Schnauze, um Bodennahrung aufzuwirbeln. Nur in 4% der untersuchten Fälle, war die linke Vorderflosse im Einsatz. Seltener (mit 1%) nutzen die Tiere nur noch eine besondere Verhaltensweise, bei der kleine Tiere mit einem Wasserstrahl aus dem Maul hochgespült werden.

Wäre meine Kollegin ein Walross, hätte sie also gar kein Problem, mit ihrer gebrochenen Hand. Da sie aber keins ist, werden wir ihr weiterhin die Kekse anreichen und hoffen, dass der Gips bald abkommt. Gute Besserung!

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Autor: Johanna Prinz

ist promovierte Diplom-Biologin. Sie war früher Affenforscherin im Zoo, leitete den Bildungsbereich in einem großen Naturkundemuseum und danach ein Nationalpark-Haus am Wattenmeer. Heute arbeitet sie, von ihrer Wahlheimat Lübeck aus, im Bereich „Naturvermittlung“ – vor allem als Museumsberaterin oder Autorin für Kindersachbücher. Manchmal hebt sie Regenwürmer von der Straße auf. Mehr Infos unter: www.naturvermittlung.de

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