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Natur und so

Wie Weberknechte über Gras laufen

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Foto: pixabay.com

Neulich kam ich morgens vom Joggen und hing einigermaßen erschöpft neben der Tür an der Hauswand. Doch dann stellte ich plötzlich fest: keine Erschöpfung ist zu groß, wenn an besagter Hauswand ein cooles Tier klebt. In diesem Fall: ein Weberknecht. Jetzt ist es natürlich nicht so, dass ich noch nie einen Weberknecht gesehen hätte. Ich habe sogar schon mal in einem Kinderbuch über ihn geschrieben. Doch dieser Weberknecht war wirklich komisch: er saß in einer total kuriosen Ruhestellung an der Wand, die ich so auch noch nie gesehen hatte. Sofort vergaß ich mein Jogging-Mimimi und machte ein Foto. Und dann fiel mir sogar noch ein, wie Weberknechte über Gras laufen.

Zunächst mal: dieser Blogbeitrag hat keinen Weberknecht auf dem ersten Bild, weil wir Blogleser haben, die sich mit Spinnen so gar nicht anfreunden können. Die wünschen sich einfach vor dem Weiterlesen eine kleine Vorwarnung. Da hilft es leider auch nicht, zu erklären, dass Weberknechte – trotz der vielen Beine – eigentlich gar keine Spinnen sind. Denn Weberknechte gehören zwar ganz grundsätzlich zu den Spinnentieren, sind aber eigentlich eine eigene systematische Ordnung – genau wie Milben, Webspinnen oder Skorpione.  Die gehören auch alle zu den Spinnentieren.

Foto: pixabay.com

Jedenfalls: auch Weberknechte haben acht Beine und vorne zwei kleine Taster, die Pedipalpen. Die sind eine Art Allzweck-Werkzeug, denn sie können neben dem Tasten auch Dinge zum Maul befördern oder beim Klettern helfen.

Wenn ein Weberknecht durch hohes Gras läuft (und für einen Weberknecht ist vermutlich alles Gras “hoch”), dann wickelt er die Enden seiner langen Beine wie ein Schlinge um einzelne Halme und hangelt sich weiter. Wir sehen das nur so selten, weil Weberknechte eher nachtaktiv sind.

 

Foto: J. Prinz

Und jetzt kommen wir zum komischen Tier an der Hauswand. Die Pedipalpen dieses Weberknechtes sahen komisch aus, denn sie waren vorne gegabelt. Auch die Beine waren seltsam, denn sie hatten unterschiedliche Längen. Außerdem saß das Tier in einer Ruheposition, die sehr … ordentlich … wirkte: alle Beine waren nebeneinander zu den Seiten weggestreckt und zwar parallel! Mit meinem Foto machte ich mich auf die Suche und es scheint so, als sei der Hauswand-Weberknecht ein Tier der Gattung Dicranopalpus. (Herleitung: Di- steht im Wissenschaftsdeutsch für “zwei”. Klar, bei zwei Enden. Und “Hauswand-Weberknecht” ist übrigens ein von mir erfundenes Wort, keine Artbezeichnung.)

Um zu sagen, welche Art es genau ist, müsste ich erstmal jemanden fragen, der sich mit Weberknechten auskennt*. Aber immerhin habe ich schon mal rausbekommen, dass Weberknechte dieser Gattung sich eigentlich lieber an Bäumen oder Büschen aufhalten. Der an der Hauswand hatte sich also eindeutig verirrt. Ich persönlich fände es toll, wenn an meiner Hauswand jetzt öfter interessante Tiere hängen würden. Falls mir nochmal eines begegnet, erzähle ich euch hier davon.

(* Und tatsächlich hat sich jemand gemeldet. Mein Hauswand-Exemplar ist wahrscheinlich tatsächlich Dicranopalpus ramosus – und ein Weibchen. Danke für die Mail und den Hinweis!)

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Autor: Johanna Prinz

ist promovierte Diplom-Biologin. Sie war früher Affenforscherin im Zoo, leitete den Bildungsbereich in einem großen Naturkundemuseum und danach ein Nationalpark-Haus am Wattenmeer. Heute arbeitet sie, von ihrer Wahlheimat Lübeck aus, im Bereich „Naturvermittlung“ – vor allem als Museumsberaterin oder Autorin für Kindersachbücher. Manchmal hebt sie Regenwürmer von der Straße auf. Mehr Infos unter: www.naturvermittlung.de

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