Halb verdurstet im Einkaufszentrum steuerte ich mit dem Kind das Kühlregal des Supermarktes an. Ich kaufte eine Brause (was für ein herrlich altmodisches Wort), einen Mango-Smoothie und ich konnte nicht widerstehen – ein teures Birkenwasser in einer ökologisch verpönten, aber bepfandeten Dose. Für den Blog, dachte ich, Selbstversuch! Ich habe keine Ahnung wie Birkenwasser schmeckt, wenn es überhaupt nach etwas schmeckt. Wer kauft das außer mir? Und wie wird es gewonnen? Die werden doch wohl dafür kein Loch in den Baum bohren?
Alte Weisheit, neuer Trend
Birkenwasser weckt bei mir die Assoziation an Haarwasser. Früher gab es das speziell für Männer, die sich die Flüssigkeit in die mehr oder minder schütteren Haare rieben, in der Hoffnung auf kräftigen Haarwuchs. Bekommt man das immer noch in Drogerien? Auf die Idee, mit Birkenwasser den Durst zu löschen, kam damals aber kein Großstädter. Nachgewiesenermaßen besitzt die Birke aber heilende Kräfte, das ist seit Jahrhunderten bekannt und schon die Wikinger sollen den Baumsaft getrunken haben. Ob man allerdings mit einem Schluck aus der Dose alle Wehwehchen lindert, die das Wässerchen zu lindern imstande sein soll ist wissenschaftlich bisher nicht belegt. Von einer Stärkung des Immunsystems, dem Sinken des Cholesterinspiegels, Entwässerung des Körpers und einer Wohltat für die Leber ist dort zu lesen. Auch bei Cellulite, Verstopfung sowie Haar- und Hautproblemen sei der Saft geeignet und hilfreich. Das hört sich vielversprechend an und ist vielleicht der Grund dafür, dass das Wasser als neues Trend-Getränk gepriesen wird. Models schwören ebenso darauf wie Veganer und Outdoor-Freunde. Und ich? Dose auf und mal kosten.
Her mit dem Saft
Sieht aus wie klare Zitronenlimo und schmeckt nach Minze. Kein Wunder, denn dieses Aroma wurde meinem Birkenwasser beigemischt. Wie reiner Birkensaft schmeckt, kann ich also immer noch nicht sagen. Das Getränk schmeckt jedoch nicht schlecht und ist erfrischend. Das Aroma bekomme ich aber auch mit frischem Minztee hin und zusammen mit Sprudelwasser dürfte es dem teuren Birkenwasser zumindest geschmacklich recht nahe kommen. Wenn mir das nächste Mal eine andere Sorte begegnet, wage ich vielleicht noch einen Versuch.
Anders als Limo lässt sich Birkenwasser nicht unbegrenzt herstellen. Es kann nur im Frühjahr gewonnen werden, wenn der Saft in den Baum schießt und vom Stamm bis in die Krone transportiert wird.
Das kann man übrigens auch hören, siehe den Beitrag „Bäume belauschen“. Nur in dieser Zeit und nur für ungefähr zwei Wochen kann man den Baum anzapfen. Das Verfahren ist ähnlich dem bei der Gewinnung von Ahornsirup. Auch bei der Birke wird ein Loch in den Stamm gebohrt, ein Röhrchen eingeführt und eine Flasche oder ein Beutel darunter gehängt. Das Birkenwasser fließt dann über das Röhrchen in den Behälter. Einige Liter kommen da pro Tag zusammen. Fließt der Saft nicht mehr, wird das Loch verschlossen und die Birke hat Ruhe bis zum nächsten Frühling. Ohne weitere Zusätze ist Birkenwasser nur ca. zwei Tage haltbar. Für eine längere Haltbarkeit wird es mit Zucker und Zitronensäure versetzt, bevor es in den Handel kommt. Falls ihr nun eurer Birke an den Stamm wollt, wartet lieber bis zum nächsten Jahr, denn die Zeit des Saftschießens ist bereits vorbei. Probiert stattdessen das abgefüllte Wasser und verratet mir: Hat Birkenwasser das Zeug zum Trendgetränk?
Autorin: Karolin Küntzel
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