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Schwarze Tollkirsche: Zauberei, Heilung, Tod

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Foto: K. Küntzel

Letztes Wochenende unternahmen wir einen Spaziergang. Im herbstlich feuchten Wald stapften wir über Fichtenzapfen, ließen Springkraut hüpfen und entdeckten eine Pflanze mit glänzend schwarzen Beeren. Wie lackiert sahen die aus. Zum Anbeißen! Besser nicht, denn diese verlockenden Früchte sind hochgiftig. Der Strauch war eine Schwarze Tollkirsche (Atropa belladonna) – und über dieses Nachtschattengewächs gibt es allerhand Interessantes zu erzählen.

Fliegen lernen

Tollkirsche war eine wesentliche Zutat in sogenannten Hexen- oder Flugsalben, die vom Spätmittelalter bis in die frühen Neuzeit verwendet wurden. Rieben sich die Frauen damit ein, glaubten sie aufgrund der halluzinogenen Bestandteile der Pflanze fliegen zu können. Auch die Verwandlung in Tiere soll ihnen damit möglich gewesen sein. Die hervorgerufenen Rauscherlebnisse waren so real, dass die Frauen auch nach Abklingen der Wirkung überzeugt waren, besondere Fähigkeiten zu haben. In den Hexenprozessen nutzte man die Wirkung der Tollkirsche, um Geständnisse zu erwirken.

Foto: wikipedia

Belladonna

Raserei, Tollheit und Wahnvorstellungen waren nicht die einzigen Auswirkungen nach der Verwendung von Tollkirsche. Im Mittelalter setzte man sie auch zur Linderung von Schmerzen, bei Abtreibungen und zur Erweiterung der Pupille ein. Die großen dunklen Augen von Frauen, die ein Kosmetikum aus Tollkirsche verwendeten, sollten ihnen ein Aussehen von Verliebtheit geben und den Auserwählten überzeugen. So kam die Tollkirsche zu ihrem Beinamen Belladonna, lateinisch für „Schöne Frau“. Der Preis für diese Behandlung war allerdings eine vorübergehende Sehschwäche. Wer Brillenträger*in ist wie ich, kann sich eine ungefähre Vorstellung davon machen, wenn die Augen in der Praxis mit Tropfen weit gestellt werden. Verwendet wird dazu nämlich auch heute noch der Wirkstoff Atropin, der in der Tollkirsche vorkommt.

Finger weg

Dir Schwarze Tollkirsche ist hochgiftig. Alle Teile der Pflanze. Bei Erwachsenen wirken zehn bis 20 Früchte, bei Kindern bereits drei bis fünf tödlich. Zuerst wird die Haut heiß, dann werden die Pupillen weit und der Puls rast. Auf Tobsuchtsanfälle und Halluzination folgen schließlich Krämpfe und Atemlähmung bis hin zum Tod. Lasst deshalb unbedingt die Finger von der Pflanze. Anschauen ja – anfassen nein!

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Autor: Karolin Küntzel

Jahrgang 1963, ist freiberufliche Autorin, Dozentin und Kommunikationstrainerin. Sie studierte Germanistik, Geschichte und Weiterbildungsmanagement in Berlin und war lange Zeit in der freien Wirtschaft tätig. Seit 2006 ist sie selbstständig, unterrichtet und schreibt Sachbücher für Kinder und Erwachsene. Ihre Wissbegier hat sie quasi zum Beruf gemacht. Sie lebte mehrere Jahre alleine in einem Haus im Wald, mehrere Wochen mit einer kleinen Crew auf einem Schiff auf dem Atlantik und bezeichnet sich selbst als überzeugte Rausgängerin. Sie sieht gerne unter Steinen nach. Mehr Infos unter: www.karibuch.de

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