Kurios finde ich ja immer gut und deshalb wollte ich schon lange einen Beitrag zu dem „Ziegenmann“ schreiben, der 2016 mit dem Ig-Nobelpreis* ausgezeichnet wurde.
Auch die Gartenblogger, denen ich auf dem IVG Medientag Garten davon erzählte, waren Feuer und Flamme. Hiermit löse ich nun mein Versprechen ein und erzähle euch von einem Mann, der eine Auszeit aus seinem menschlichen Dasein nahm und ein paar Tage als Ziege lebte.
Fühlen wie ein Tier
Es ist nicht neu, dass sich Menschen dafür interessieren, wie Tiere leben. Es ist auch nicht neu, dass sich Einige von ihnen fragen, was ein Tier empfindet. Bisher einmalig ist jedoch, dass ein Mann drei Tage unter Ziegen lebte, sich dank Prothesen auf vier Beinen fortbewegte, Gras frass und von den Ziegen als Ziege akzeptiert wurde. Wer macht denn sowas?
Kein Verrückter, sondern der britische Biologe Thomas Thwaites unterwarf sich diesen Strapazen und kletterte mit einer Ziegenherde drei Tage in den Schweizer Alpen umher. Eine Pansen-Prothese half beim Gras-Genuss, ein Helm schützte den Kopf vor Stürzen. Und die gab es sicherlich, denn schließlich war ihm der Gang auf vier stelzenähnlichen Beinen nicht angeboren. Erkenntnis Nummer eins: Bergauf ist leichter stelzen als bergab und längst nicht so gefährlich. Wer sich die Fotos auf seiner Webseite www.thomasthwaites.com anschaut, kann das vielleicht nachvollziehen. Ich jedenfalls hätte immer gemault: „Nach unten? Och nö, da oben ist das Gras doch viel grüner. Bestimmt!“
In drei Tagen zur Ziege und retour
Thwaites ist es gelungen, sich innerhalb von drei Tagen so in die Herde zu integrieren, dass ihn eine Ziege sogar zum Freund wählte. Als Mensch Teil einer tierischen Gemeinschaft sein zu können, hat unbestreitbar Vorteile. Thwaites konnte in aller Ruhe das Verhalten der Tiere studieren und ihre Art miteinander zu kommunizieren. Erkenntnis Nummer zwei: Wahrscheinlich hätte es auch weniger schmerzhafte Verfahren gegeben, um das herauszufinden. Nach dem Experiment „ich als Ziege“ blieb der Biologe noch drei Tage in den Bergen. Die hat er bestimmt gebraucht, um sich wieder in einen Menschen zurückzuverwandeln: auf zwei Beinen gehen, mit den Händen essen, duschen und sich über Sprache verständigen. Das scheint geklappt zu haben, denn seine Erlebnisse als Ziegenmann hat er in einem Buch (GoatMan, A holiday from being human) zusammengefasst.
*Der Ig-Nobelpreis (ignoble = unwürdig, schmachvoll, schändlich), oder auch Anti-Nobelpreis, wird seit 1991 von der Harvard-University, Cambridge, USA für besonders unnütze, skurile oder unwichtige wissenschaftliche Arbeiten verliehen. Die Entdeckungen sollen neuartig sein, und erst zum Lachen und dann zum Nachdenken anregen.
Thwaite teilt sich den Biologie-Preis mit Charles Foster, der unter anderem eine Zeitlang als Dachs in einem unterirdischen Bau gelebt hat. Dazu in einem späteren Beitrag mehr.
Autorin: Karolin Küntzel
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27. Februar 2017 um 21:27
Liebe Karolin,
das finde ich sehr interessant. Bergziegen und Steinböcke gelten ja als sehr neugierig – im Gegensatz zu den scheuen Gämsen – und ich stelle mir gerade vor, was es bedeutet, zum speziellen Freund auserkoren zu werden 🙂
Danke für diesen schönen Beitrag und die Links zu Mr Thwaites – als begeisterte Bergwanderin schau ich auch mal bei ihm vorbei.
Bis ganz bald, spätestens zum Dachs,
Xenia
28. Februar 2017 um 18:58
Liebe Xenia,
mit Gämsen hätte dieses Experiment wahrscheinlich Wochen dauern müssen, bis der arme Mann als Teil der Herde akzeptiert worden wäre. Und dann die ganze Zeit nur Gras …