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Natur und so

Warum rucken Vögel beim Laufen mit dem Kopf?

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Ist euch schon mal aufgefallen, dass manche Vögel beim Laufen merkwürdige Bewegungen mit dem Kopf machen? Die Taube tut es, das Huhn und die Krähe auch – sie rucken mit dem Kopf. Ich finde diese Bewegung etwas irritierend und frage mich dann manchmal: Hat sich das Huhn nun bewegt oder nicht?

Und welchen Sinn hat diese ruckartige Bewegung?

Das Huhn im Roman

In Sten Nadolnys Roman „Die Entdeckung der Langsamkeit“ gibt es es wunderbare Szene, in der diese Bewegung beschrieben wird. Dort heißt es: „Hühner waren nicht angenehm. Sie suchten dem Auge auf plumpe Art Streiche zu spielen. Regungslos standen sie da, kratzen dann, pickten, erstarrten wieder, als hätten sie nie gepickt, täuschten frech vor, sie stünden seit Minuten unverändert. Schaute er aufs Huhn, dann zur Turmuhr, dann wieder aufs Huhn, so stand es starr und warnend wie vordem, hatte aber inzwischen gepickt, gekratzt, mit dem Kopf geruckt, den Hals gewandt, die Augen glotzten anderwärts, alles Täuschung!“

Schritt – Ruck – Schritt

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Obwohl es lange her ist, dass ich dieses Buch gelesen habe, ist mir diese Szene im Gedächtnis geblieben. Und inzwischen weiß ich auch, dass das Huhn den Betrachter nicht narren will. Die abgehackte Bewegung dient vielmehr dazu, besser zu sehen. Optokinese ist der Fachbegriff dafür. Dabei wird das Bild auf der Netzhaut gegen Bewegungen aus der Umwelt stabilisiert. Ohne diese Fähigkeit wäre es zum Beispiel Menschen nur schwer möglich, aus einem fahrenden Fahrzeug heraus, Bilder der Umgebung scharf zu sehen.

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Bei Vögeln ist die Sache noch etwas komplizierter. Sie haben zwar oft eine gute Rundumsicht, ihre Augen können aber keine schnellen Bewegungen verarbeiten, und sie sehen deshalb unscharf. Um ein klares Bild ihrer Außenwelt zu bekommen, greifen sie auf einen Trick zurück. Gehen sie einen Schritt vorwärts, bleibt der Kopf zunächst in Ruhe und sie sehen scharf. Erst im Anschluss an den Schritt wird der Kopf mit einer ruckartigen Bewegung nach vorne geholt und verharrt dann wieder in Position. Das Bild auf der Netzhaut ist dann erneut scharf und der nächste Schritt kann in Angriff genommen werden. Vergleichbar ist dieses Verhalten mit dem eines Eiskunstläufers. Bei sehr schnellen Drehungen wie Pirouetten, fixieren sie einen festen Punkt im Raum. Der Kopf wird dann ebenfalls ruckartig gedreht, so dass immer nur der gewählte Fixpunkt angeschaut wird. So vermeiden sie, dass ihnen bei den vielen Umdrehungen ganz schwindelig wird.

Ich habe diese Technik nie perfekt beherrscht. Mir wird schon nach ein paar Walzerdrehungen schwummerig. Aber ich bin ja auch kein Huhn und wünsche mir auch nicht, eines zu sein.

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Autor: Karolin Küntzel

Jahrgang 1963, ist freiberufliche Autorin, Dozentin und Kommunikationstrainerin. Sie studierte Germanistik, Geschichte und Weiterbildungsmanagement in Berlin und war lange Zeit in der freien Wirtschaft tätig. Seit 2006 ist sie selbstständig, unterrichtet und schreibt Sachbücher für Kinder und Erwachsene. Ihre Wissbegier hat sie quasi zum Beruf gemacht. Sie lebte mehrere Jahre alleine in einem Haus im Wald, mehrere Wochen mit einer kleinen Crew auf einem Schiff auf dem Atlantik und bezeichnet sich selbst als überzeugte Rausgängerin. Sie sieht gerne unter Steinen nach. Mehr Infos unter: www.karibuch.de

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