Dreifingerfaultiere (Bradypus variegatus) sind die langsamsten Säugetiere der Welt. Selbst eine Schnecke ist im Vergleich zu ihnen flott unterwegs. Wer so langsam ist, hat in der Regel keinen besonders actionreichen Tag, da bildet das Faultier keine Ausnahme. Im Baum gut getarnt abhängen, ab und zu ein Blatt fressen und einmal die Woche runter vom Baum auf Klo. Klingt wenig aufregend, ist aber bei genauerer Betrachtung spektakulär.
Algen als Tarnung
Langsame Tiere sind in freier Wildbahn gefährdet. Wer sich nicht schnell vor Fressfeinden in Sicherheit bringen kann, braucht eine gute Tarnung. Die hat das Dreifingerfaultier, denn in seinem Fell wachsen Algen. Sie lassen das Tier grün aussehen und tarnen es damit perfekt im Blätterwald. Auch durch die langsamen Bewegungen ist es schwer auszumachen. Allerdings bewegt sich das Tier nicht nur deshalb im Zeitlupentempo. Seine Geschwindigkeit hat auch damit zu tun, dass die Blätter, die es frisst, sehr energiearm sind und sich außerdem nur schwer verdauen lassen. Wo wenig Energie zugeführt wird, ist es klug, wenig Energie zu verbrauchen. So gesehen leben Faultiere äußerst ökonomisch.
Todesfalle Klo
Ungefähr einmal in der Woche klettert das Dreifingerfaultier vom Baum herunter und verrichtet dort sein Geschäft. Das ist lebensgefährlich, denn unten am Fuß des Baumes ist es seinen Fressfeinden hilflos ausgeliefert. Wissenschaftler haben sich deshalb schon lange gefragt, was die Tiere zu dieser Harakiri-Unternehmung treibt, zumal Zweifingerfaultiere nicht den Baum verlassen, wenn sie mal müssen. Sie erledigen das oben im Geäst und lassen einfach fallen. Inzwischen haben Forscher herausgefunden, dass dieses lebensgefährdende Verhalten mit den Motten zu tun hat, die wie die Algen im Fell der Faultiere leben.
Gelungene Dreiecksbeziehung
Neben Algen, reichlich Bakterien und Pilzen hausen Motten im Fell der Faultiere. Klettert das Faultier nun den Baum hinab, „gehen“ die Motten mit nach unten und legen ihre Eier in den Faultierkot. Die Larven, die sich aus den Eiern entwickeln, ernähren sich vom Kot und wenn sie sich zu Motten entwickelt haben, suchen sie sich wiederum ein Faultier, in dessen Fell sie wohnen können. Bei ihrem Einzug bringen sie Nährstoffe mit in das Fell und diese fördern das Algenwachstum. Das Faultier profitiert gleich doppelt davon. Zum einen wird die Tarnung aufrechterhalten, zum anderen kommt das Faultier an leicht verdauliche und energiereiche Nahrung, denn es ernährt sich zum Teil von ebendiesen Algen. Ganz schön clever!
Faultiere streicheln
Nachdem ihr nun wisst, was sich alles im Fell von Faultieren tummelt, habt ihr bestimmt keine Lust mehr, eines zu streicheln. In Bezug auf Dreifingerfaultiere würde sich das auch schwierig gestalten, denn in Zoos leben nur Zweifingerfaultiere. Faultiere mit drei Fingern lassen sich nämlich nicht in Gefangenschaft halten. Woran das liegt? Vielleicht an den Faultierhaufen, die von den Pflegern immer gleich weggeräumt werden (so zumindest die Vermutung der ZEIT-Autorin Haluka Maier-Borst in ihrem Artikel vom 22. Januar 2014).
Ohne Haufen keine Eiablage, keine Larven und schon gar keine Motten. Und ohne ihre Motten gehen Dreifingerfaultiere nirgendwohin.
Die Studie, in der die Dreiecksbeziehung Motte-Alge-Faultier beschrieben wird, ist hier nachzulesen: http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/281/1778/20133006
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