Hallimasch & Mollymauk

Natur und so

Elchpapier: Wie aus Scheisse (pardon!) Geld wird

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Foto: K. Küntzel

Foto: K. Küntzel

Elche sind Vegetarier. Sie ernähren sich von Blättern, jungen Trieben und im Moose-Park in Orviken (Östersund) auch von kiloweise Kartoffeln. Bei dieser Ernährung ist das was hinten heraus kommt, erstaunlich bakterienfrei (jede Menschenhand ist um Einiges keimbelasteter). So lernen wir gleich zu Beginn der Führung durch die Elchstation und bestaunen Elchköttel. Sie sind etwas mehr als eichelgroß, von unscheinbar brauner Farbe und bestehen hauptsächlich aus Zellulose. Na, klackert da was im Hirn? Bei den “Moose-Menschen”, die den Elch-Park ins Leben gerufen haben, muss da so gewesen sein, denn aus Zellulose wurde Papier: Elchpapier. Und das ist nichts anderes als getrocknete Elch-Scheisse vermengt mit Wasser und was-weiß-ich nicht-noch-alles.

Recycling pur!

Foto: K. Küntzel

Foto: K. Küntzel

Im Winter, wenn im Moose-Park keine Führungen stattfinden, schöpfen die Betreiber in Heimarbeit aus dem Elchköttelbrei Papier, das sie in der Sommersaison teuer an die staunenden Touristen verkaufen. Natürlich habe ich auch nicht widerstehen können (alles nur für den Blog!) und nicht nur Papier, sondern auch gleich noch die Köttel selbst in einem schmucken Glas erworben. Schließlich brauche ich ein Foto für den Blog und selbstverständlich bin ich gespannt, ob es mir gelingt, daraus selbst Elchpapier herzustellen. Wenn das klappt, rufe ich sofort im Münchner Zoo an und biete denen an, das Elchgehege sauber zu halten, wenn ich dafür die Köttel bekomme. Ich könnte dort natürlich auch Sommer-Ferien-Workshops mit Kindern abhalten, die aus Elchmist Papier machen und ihr Produkt stolz den Eltern präsentieren. Kein Scheiss!

Fettiges Fell

Aber natürlich geht es im Moosepark nicht nur um den Mist, sondern vor allem um die Tiere selbst. Wer wie wir wochenlang an Elch-Verkehrsschildern vorbeigefahren ist, ohne je eines dieser beeindruckenden Tiere tatsächlich zu Gesicht bekommen zu haben, freut sich, wenn er den Riesen der schwedischen Wälder mal so richtig auf die Pelle – pardon den Pelz – pardon das Fell – rücken darf.

Foto: K. Küntzel

Foto: K. Küntzel

Und tatsächlich stehen wir nach einer kurzen Einführung und entsprechenden Verhaltenshinweisen plötzlich Auge in Auge mit den Elchen des Parks, die sichtlich unbeeindruckt unsere Streicheleinheiten über sich ergehen lassen. Elche sind extrem gutmütig. Wird ihnen das Getätschel und die „Selfie-Mania“ zu viel, schreiten sie majestätisch an uns vorbei in die Tiefen der Wiese, zu denen wir ihnen (Verhaltensregel Nummer zwei!) nicht folgen dürfen. Wie Schafe haben Elche ein erstaunlich fettiges Fell. Was liegt da näher als eine Elch-Seife zu kreieren, die den rauen Händen schmeichelt. Sie muss der absolute Renner sein, denn Anfang August war die Jahresproduktion (von der ich nicht weiß, wie hoch sie ist) bereits ausverkauft. Egal! Ich weiß jetzt, wie flauschig ein Elchgeweih sein kann und wie gut ein paar Elch-Streicheleinheiten meinen rauen Händen tun. Vor allem aber war es ein zutiefst beglückendes Erlebnis, den hochbeinigen Tieren so nahe zu sein. Und eines habe ich dort ganz sicher gelernt. Elche weichen Menschen nicht aus. Menschen müssen Elchen ausweichen, denn die Tiere folgen ihren angestammten Routen stur wie eine Straßenbahn.

Falls ihr also mal im Sommer in Schweden seid – hingehen! www.moosegarden.com

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Autor: Karolin Küntzel

Jahrgang 1963, ist freiberufliche Autorin, Dozentin und Kommunikationstrainerin. Sie studierte Germanistik, Geschichte und Weiterbildungsmanagement in Berlin und war lange Zeit in der freien Wirtschaft tätig. Seit 2006 ist sie selbstständig, unterrichtet und schreibt Sachbücher für Kinder und Erwachsene. Ihre Wissbegier hat sie quasi zum Beruf gemacht. Sie lebte mehrere Jahre alleine in einem Haus im Wald, mehrere Wochen mit einer kleinen Crew auf einem Schiff auf dem Atlantik und bezeichnet sich selbst als überzeugte Rausgängerin. Sie sieht gerne unter Steinen nach. Mehr Infos unter: www.karibuch.de

3 Kommentare

  1. Guten Tag, Frau Küntzel,
    vielen Dank für Ihren interessanten Beitrag! Ich bin darauf gestoßen, weil ich nach dem ganz besonderen “Elchpapier” suche. Die beiden Damen in Schweden, von denen ich weiß, dass sie solches herstellen (cariann-of-sweden), antworten leider nicht.
    Ich suche es für eine große Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg zur Natur- und Kulturgeschichte des Elchs, die vom 9. April bis 16. Oktober 2022 bei uns gezeigt werden soll. Als ich im Oktober in Schweden war, habe ich in allen “Elch-Shops” im Süden und südlichen Mittelschweden, die ich aufsuchte, danach gefragt, leider ohne Erfolg. Im “Moose Garden” in Orrviken bin ich wegen der Entfernung leider nicht gewesen. Haben Sie evtl. eine andere Quelle? Oder noch einen Rest von 2017 übrig, den ich Ihnen abkaufen oder für die Ausstellung ausleihen dürfte? Im Prinzip brauche ich nur ein Blatt …
    Es würde mich freuen, von Ihnen zu hören! Beste Grüße
    Christoph Hinkelmann
    Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ostpreußischen Landesmuseum

    • Hallo Dr. Hinkelmann, ich habe mich über Ihren Beitrag sehr gefreut und finde ganz spannend, was Sie erzählen. Natürlich habe ich auch gleich gesucht, denn ich weiß, dass dieses Stück Elchpappier noch irgendwo sein muss. Fündig bin ich allerdings noch nicht geworden. Ich bleibe aber dran. Falls es Ihnen hilft, könnte ich mit Elchkötteln dienen, denn die stehen hier gut sichtbar im Regal. Haben Sie es schon direkt beim moosegarden versucht? Vielleicht ist man dort so nett und schickt Ihnen ein Blatt für Ihre Ausstellung zu.
      Herzliche Grüße Karolin Küntzel

      • Guten Morgen, Frau Küntzel,
        lieben Dank für Ihre freundliche Antwort und dass Sie auf der Suche nach einem Blatt Elchpapier sind! Also haben Sie damals doch keinen Kontakt mit dem Münchner Tierpark aufgenommen und eine eigene Produktion begonnen ….? 🙂
        Vielen Dank für das Elchköttel-Angebot! Wir haben, schließlich spielt der Elch in unserer Darstellungsregion Ostpreußen eine große Rolle, einige in unserer Sammlung und vor Jahren erhielt ich von einer Freundin unseres Hauses ein Gläschen mit solchen, danke, da bin ich eigentlich schon gut versorgt.
        Orrviken habe ich angeschrieben, bereits im September und gefragt, ob es das Papier vielleicht irgendwo anders, weiter südlich in Schweden gäbe, sogar angeboten, es an eine Adresse von Bekannten in Schweden zu schicken, wo ich mich im Oktober einfinden würde – nichts, keine Reaktion. Also, wenn Sie noch ein Blatt finden würden – das wäre super!
        Beste Grüße aus der alten Salz- und Hansestadt Lüneburg
        Christoph Hinkelmann

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