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Sind selbstgesammelte Pilze radioaktiv?

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Im Herbst, wenn die Tage kürzer werden und das Wetter nasser, treibt es die Pilzsammler hinaus in den Wald. Doch auch fast drei Jahrzehnte nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, und erst Recht nach den jüngeren Ereignissen im japanischen Kernkraftwerk Fukushima, stellen sich viele Sammler die Frage: Sind wilde Pilze radioaktiv belastet?

Cäsium-137 im Waldboden
Tatsächlich sind in einigen süddeutschen Wäldern erhöhte Strahlungswerte gemessen worden. Besonders betroffen sind Regionen in Bayern und Baden-Württemberg, in denen 1986, nach dem Unfall von Tschernobyl, radioaktiv belasteter Regen niederging. Hier speichern die Böden noch immer das Radionuklid Cäsium-137, das eine Halbwertszeit von rund 30 Jahren besitzt. Es ist damit zu rechnen, dass das Cäsium-137 in den nächsten Jahrzehnten weiter in tiefere Bodenschichten wandert. Die Kontamination wird also mittelfristig zurück gehen.

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Belastet: Pilze und Wildschweinfleisch
Die Strahlungshöchstgrenze für Lebensmittel liegt in Deutschland bei 600 Becquerel pro Kilogramm (Bq/kg). Dies gilt allerdings nur für Produkte, die im Handel angeboten werden und betrifft nicht den Eigenverzehr selbst gesammelter Ware.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) weist darauf hin, dass einige wildwachsende Pilzarten noch immer erhöhte Becquerelwerte aufweisen. Werte aus dem Sommer 2012 liegen, je nach Art und Fundort, zwischen unter 5 und mehr als 1000 Becquerel pro Kilogramm (Bq/kg).

Auch das Fleisch von Wildschweinen zeigt hohe Strahlenwerte, da sich die Tiere von unterirdisch wachsenden Pilzen ernähren. Die belastete Nahrung kontaminiert sozusagen das Schwein. Eine Messreihe des Jahres 2004 bestimmt für Wildschweinfleisch einen Mittelwert von 7.000 Bq/kg. Das Fleisch von Wildtierarten mit anderer Nahrung (Hirsche, Rehe) ist dagegen weniger belastet.

Ist die Strahlung gefährlich?
Bei aller Vorsicht sollten die Relationen nicht außer Acht gelassen werden: Wir sind jeden Tag natürlicher radioaktiver Strahlung ausgesetzt und nehmen auch mit der Nahrung geringe Konzentrationen an natürlichen Radionukliden auf. Die persönliche radioaktive Belastung wird neben der Nahrung auch durch Faktoren wie unser Urlaubsverhalten beeinflusst. Isst man 200 Gramm selbstgesammelte Pilze mit einer Cäsium-137-Belastung von 4.000 Bq/kg, entspricht dies in etwa der Strahlenbelastung eines Fluges von Frankfurt nach Gran Canaria.

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Service für Süddeutschland
Das Umweltinstitut München bietet zwischen August und Oktober einen Service für Privatpersonen aus dem besonders belasteten, süddeutschen Raum an: Wer wissen möchte, ob seine Pilz-Funde radioaktiv belastet sind, kann eine Probe (Mindestgewicht 250 g, vakuumverpackt, nur eine Pilzsorte) einschicken und im Labor untersuchen lassen. Ein entsprechender Probenzettel kann auf der Internetseite des Umweltinstituts heruntergeladen werden und muss der Probe beigelegt sein. Das Ergebnis der Untersuchung wird per E-Mail mitgeteilt. Die Untersuchung ist kostenlos, Spenden werden jedoch gern angenommen. Auskünfte erteilt das Umweltinstitut München unter Telefon 089/30 77 49-0.

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Autor: Johanna Prinz

ist promovierte Diplom-Biologin. Sie war früher Affenforscherin im Zoo, leitete den Bildungsbereich in einem großen Naturkundemuseum und danach ein Nationalpark-Haus am Wattenmeer. Heute arbeitet sie, von ihrer Wahlheimat Lübeck aus, im Bereich „Naturvermittlung“ – vor allem als Museumsberaterin oder Autorin für Kindersachbücher. Manchmal hebt sie Regenwürmer von der Straße auf. Mehr Infos unter: www.naturvermittlung.de

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