Wir streichen die Laube in unserem Schrebergarten. Aus hässlichem Braun innen und außen soll skandinavisch Rot-Weiß außen und Weiß-Grau innen werden. Das ist der Plan. Und zum Ausführen des Plans brauchen wir Pinsel. Die hat der Mann besorgt und sich eifrig ans Streichen gemacht. Und dann fragt er eines Abends: „Weißt du eigentlich, was Chinaborsten sind?“ „Nö“, antworte ich – noch nicht wirklich am Thema interessiert. Das hat sich dann aber ganz schnell geändert.
Das Schwein und die Borsten
Habt Ihr schon einmal darüber nachgedacht, woraus Pinsel bestehen, und wie sie hergestellt werden? Also, ich nicht! Die Chinaborsten habe ich aber natürlich sofort recherchiert, als der Mann grinsend damit rausrückte, dass diese von einem chinesischen Schwein stammen. Also nicht alle Borsten von einem Schwein, sondern alle Borsten von bestimmten in China gehaltenen Schweinerassen. Hätte ich eigentlich auch selbst draufkommen können: Pinsel = Borsten, Schwein = Borsten.
In China gibt es massenhaft Schweine, mehr als 300 Millionen sollen es sein. Das sind ungefähr 50 Prozent aller Schweine weltweit. Die meisten von ihnen leben im Freiland – es ist ja genügend Platz im Riesenreich der Mitte. Und genau diese Freilandhaltung sorgt dafür, dass die Borsten so ideal für Pinsel sind. Je nach Landstrich sind die Borsten mal weich wie die von den Schweinen aus den Küstengebieten oder sehr robust, wenn die Tiere aus Hochlandregionen stammen. Allen Borsten gemeinsam ist ihre konische Form.
Am Borstenansatz sind sie dick, zum Ende hin werden sie dünner. Und noch eines macht sie zum perfekten Ausgangsmaterial für Pinsel: Sie haben „Spliss“. Was bei Menschenhaaren einen spitzen Schrei und den Gang zum Friseur nach sich zöge, ist in Schweineborsten-Kennerkreisen ein Qualitätsmerkmal. Denn dadurch verteilt sich die Farbe besonders gleichmäßig im Pinsel.
Schweineleben und Borstenlänge
Die Länge der Borsten hängt vom Alter des Schweins ab. Borsten wachsen ein Schweineleben lang und ist dieses nur kurz, weil das Schwein für den Kochtopf bestimmt ist, werden eben auch die Borsten nicht besonders lang. Lange Borsten zeugen dagegen von einem langen Schweineleben. Der Bauer muss sich also entscheiden. Verkauft er kurze Borsten für wenig Geld und hat dafür zartes Schwein im Topf oder wartet er ab, bis die Sau alt ist, bekommt dafür aber mehr „Borstengeld“. Da sich aber nun immer mehr Bauern für die erste Variante entscheiden, werden lange Schweineborsten immer seltener und Pinsel mit langen Chinaborsten entsprechend teurer.
Wenn Ihr wissen möchtet, wie aus den Borsten dann der fertige Pinsel wird, schaut euch dieses Filmchen an: https://www.galileo.tv/video/extrem-ausland-china-borstenpinsel/
Autorin: Karolin Küntzel
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