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Sprichwörter: „Da brat mir doch einer einen Storch!“

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Foto: pixabay.com

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Ich gebe es zu: Manche Sprichwörter und Ausrufe sind etwas aus der Mode gekommen. Zu Unrecht, wie ich finde, denn sie sind nicht nur viel bildreicher, sondern häufig auch treffender. Vorausgesetzt, man weiß, was sie bedeuten und wendet sie entsprechend an.

Da brat mir doch einer einen Storch!“, drückt Erstaunen, Verwunderung, Ärger oder Unglaube aus. Etwas ist geschehen, was so vorher noch nicht da war, etwas Neues oder Unbekanntes ist passiert. Ich könnte den Satz rufen, wenn der Maulwurf den Garten an genau der richtigen Stelle umgräbt oder aus der gelben Blumenzwiebelmischung hauptsächlich blaue Blumen wachsen. Er eignet sich für unaufgeräumte Kinderzimmer, plötzlich steigende Benzinpreise bei der Anfahrt an die Zapfsäule und die merkwürdigen Ideen von Finanzministern. Vor allem aber ist das Sprichwort etwas für Menschen, die mehr Zeit haben, als für ein „Krass!“ nötig ist.

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Der Storch in der Pfanne

Bei meinem Versuch, dem Sprichwort auf den Grund zu gehen, stieß ich unter anderem auf die Römer. Sie standen dem Verzehr von Storchenfleisch positiv gegenüber und es war wohl gang und gäbe, insbesondere Jungtiere zu verspeisen. Auch in der Medizin wurde zum Storch geraten. Sein Fleisch sollte gegen Triefäugigkeit helfen. Ob der Vogel dafür gebacken, gebraten, gekocht oder geschmort wurde, weiß ich allerdings nicht.

Voll verboten

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Im Mittelalter ging es den Tieren dann nicht mehr an den Kragen. Obwohl so allerlei gegessen wurde, was wir heute im Leben nicht anrühren würden (Singvögel, Igel, Siebenschläfer, Schwan und Pfau), war der Storch ausdrücklich vom Verzehr ausgenommen. Papst Zacharias (679–752) verbot den Genuss der Vögel und berief sich dabei auf Speisevorschriften aus dem Alten Testament. Wer es sich mit der Kirche nicht verderben wollte, hielt sich daran.

Aber auch außerhalb der Glaubensgemeinschaft hätte es helle Empörung hervorgerufen und Ärger mit sich gebracht, einen Storch zu braten oder gar zu essen, denn der Vogel galt zu dieser Zeit bereits als Glücks- und Kinderbringer. Daran hat sich bis heute wenig geändert und auf den Dörfern freut man sich, wenn die Störche aus dem Winterquartier zurückkehren und ihre Nester beziehen. Bald ist es wieder soweit.

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Autor: Karolin Küntzel

Jahrgang 1963, ist freiberufliche Autorin, Dozentin und Kommunikationstrainerin. Sie studierte Germanistik, Geschichte und Weiterbildungsmanagement in Berlin und war lange Zeit in der freien Wirtschaft tätig. Seit 2006 ist sie selbstständig, unterrichtet und schreibt Sachbücher für Kinder und Erwachsene. Ihre Wissbegier hat sie quasi zum Beruf gemacht. Sie lebte mehrere Jahre alleine in einem Haus im Wald, mehrere Wochen mit einer kleinen Crew auf einem Schiff auf dem Atlantik und bezeichnet sich selbst als überzeugte Rausgängerin. Sie sieht gerne unter Steinen nach. Mehr Infos unter: www.karibuch.de

2 Kommentare

  1. Was für ein schöner Artikel, der mir die Mittagspause versüsst hat! 🙂
    Lg vom glücklichen Sven

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